Eine besondere Reise

Zum Thema “Glückliche Länder” ist mir lange nichts eingefallen. Wohlstand und Glück korrelieren zwar, aber die entscheidenden Faktoren sind andere. Egal wo man lebt, sind Sinnhaftigkeit, Perspektive, Gemeinschaft und Solidarität sowie ein hohes Niveau an sozialer Gerechtigkeit und Fürsorge wichtige Faktoren. 

Ich bin Ende Mai für ein paar Tage in meine alte Heimat gefahren: in das Banat. In den rumänischen Teil im Westen des Landes. Ich war einige Jahre nicht mehr dort gewesen. In der Dorfkirche St. Michael in meinem Heimatort Sackelhausen wurde das 250jährige Jubiläum seit dem Kirchenbau gefeiert. Die deutsche, katholische Bevölkerung ist in den 70er und 80er Jahren nahezu vollständig nach Deutschland ausgewandert. Als Spätaussiedler. So auch ich mit meiner Familie 1980.

An dem Festgottesdienst nahmen Vertreter der örtlichen Prominenz, der Verwaltung, Gäste aus dem Dorf und Gäste aus Deutschland teil, die extra angereist waren. Ein Bläserquintett gestaltete den feierlichen musikalischen Teil und junge Trachtenpaare standen neben den Kirchbänken Spalier. Nach dem Gottesdienst haben die jungen Trachtenträger banater Tänze vorgeführt. Mit Vortanzstrauß und Juchzer, so wie die Deutschen früher. Es waren fast ausnahmslos rumänische Jugendliche aus der naheliegen Stadt Temeswar, die sich seit Jahren in der Tanzgruppe engagieren und die Tradition der Banater Schwaben fortführen. Ich habe in die Gesichter dieser jungen Menschen geschaut und war gerührt. Ich war gerührt von der Präsenz, der Hingabe, der Freude und ihrem Gemeinschaftssinn. Ich habe nicht die Frage der kulturellen Aneignung gestellt, sondern war froh und dankbar, dass diese Jugendlichen eine Tradition fortsetzen, die in der Region über 250 Jahre gelebt wurde. Ich fühlte mich geehrt.

Als die jungen Leute später auf dem Festgelände die Tracht ablegen konnten, aßen, tranken, miteinander scherzten, Lose verkauften und der Blasmusik applaudierten, war unter ihnen eine glückliche Stimmung zu spüren. Ich hätte jede/n von ihnen umarmen können. Denn sie leben in einem Land, in dem trotz Beitritt zur EU noch viel zu tun ist, in dem die Kluft zwischen Arm und Reich groß ist, in dem viele junge Menschen auswandern, um anderswo zu arbeiten. Vielleicht werden auch diese Jugendlichen mal ihre Heimat verlassen. Aber die glücklichen Momente – wie die beim Tanz – die werden in ihren Herzen bleiben.